Wettrutschen auf Schultern und Hacke

Osnabrück (ddp). Mit Schwung gleitet Carsten Bücken auf die Bahn. In einer fließenden Bewegung packt er die Querstange, springt ab und schwingt auf die Wasserrutsche. Mit angespanntem Körper schießt er durch die Kurven, es spritzt kaum Wasser von der Bahn. «Das ist Spaß und auch Ehrgeiz - aber in erster Linie Spaß», sagt der 34-Jährige. Auch sportlicher Anspruch ist dabei: Bücken ist Mitglied des Deutschen Rennrutsch Verbands (DRV), der kürzlich im niedersächsischen Osnabrück gegründet wurde.

«Ich achte vor allem auf Geschwindigkeit», sagt Bücken. Wichtig sei, schnell und bestmöglich in die Rutsche reinzukommen. Dort geht er noch in der Luft ins Hohlkreuz, um möglichst wenig Hautkontakt mit der Bahn zu erreichen. «Der Hintern muss so weit wie möglich aus dem Wasser, damit so wenig Reibung wie möglich entsteht», erläutert der Osnabrücker. Der DRV hat die Rutsch-Techniken genau festgelegt.

«Man muss möglichst das magische Dreieck erreichen, also das Rutschen auf beiden Schulterblättern und einer Hacke», sagt Rolf Allerdissen, Vorsitzender des DRV und Bundestrainer in spe. Die Gründung des Verbands lag für die Rennrutscher nahe. «Jeder hatte die leidvolle Erfahrung gemacht, dass es mehr eine Kirmesveranstaltung ist», berichtet Allerdissen. Nun sausen die Mitglieder nach fairen Regeln die Wasserrutschen hinunter.

Die Deutsche Rennrutsch-Verordnung (DRRO) gibt zwei Rutschhaltungen vor: entweder auf dem Rücken oder in Sitzhaltung, jeweils mit den Füßen voran. «Das ist stark an die deutsche Rennrodelverordnung angelehnt», sagt der 40-jährige Vorsitzende aus Spenge. Die Teilnehmer dürfen keine Öle und auch keine Unterlagen benutzen. Sie werden je nach Gewicht und Alter in verschiedene Klassen eingeteilt.

Glenn Heidecker ist gut in Form. «Heute bin ich schnell wie ein Aal dadurch gegangen», sagt der 40-jährige Osnabrücker, von Beruf Fachkraft für Lebensmitteltechnik. Er schwimmt jede Woche und steigt anschließend auf die Rutsche. «Der Reiz ist der Spaß», sagt er. Abschürfungen und blaue Flecke nimmt er dabei in Kauf. «Wenn man hin- und hergeschleudert wird, muss man damit leben.» Heidecker ist deutscher Vizemannschaftsmeister.

Bücken ist Kraftfahrer und trainiert nicht regelmäßig, doch er hat schon einige Titel gesammelt, so ist er deutscher Vizemannschaftsmeister. Bei den deutschen Meisterschaften belegte er Bücken den vierten Platz. Vor einem Jahr hatte er spontan an den Osnabrücker Stadtmeisterschaften teilgenommen und seitdem Rutschen in Rothenburg, Cloppenburg, Detmold, Herford, Stadthagen und Hamm ausprobiert. «Meine Familie findet das eigentlich ganz lustig», sagt er und grinst.

Der DRV ist derzeit noch ein eingetragener Verein in Gründung und zählt 14 Mitglieder aus Niedersachsen, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Bislang seien die Rennrutscher nicht ganz ernst genommen worden, das habe sich mit Gründung des DRV jedoch geändert, sagt Allerdissen. Bestes Beispiel sind die Deutschen Meisterschaften: Der Titel wird zwar schon seit zehn Jahren «ausgerutscht», doch demnächst sollen sich die Wettkämpfe nach den einheitlichen Regeln des DRV richten.

Je nach Rutsche erreichen die Sportler Geschwindigkeiten von bis zu 50 Kilometer pro Stunde, der Durchschnitt liegt bei 21 bis 27 Kilometern pro Stunde. Eine der besten Rutschen befindet sich im Osnabrücker Nettebad. «Das ist hier das Röhren-Monaco wegen der engen Kurven», lobt Allerdissen die 84 Meter lange Bahn. Ebenso nennt er die 158 Meter lange «Nordschleife» in Scharbeutz, das edle «Röhren-Bahrain» in Hamm oder die 320 Meter lange Rutsche im bayrischen Erding.

In diesem Jahr stehen unter anderem die Norddeutschen Meisterschaften in Stadthagen sowie die Westdeutschen Meisterschaften in Hamm auf dem Programm. Die Regeln des DRV sollen dabei auch die Sicherheit auf den Rutschen gewährleisten. «Unsere Beobachtung ist: Bei den freien Rutschen hält sich kaum jemand an die Vorschriften», sagt Allerdissen. Dennoch: Im Vordergrund soll der Spaß stehen.

Quelle: Yahoo Nachrichten, http://de.ard.yahoo.com